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2010-11-18


Das kubanische Regime ist für seinen Internationalismus bekannt – Fidel Castro wurde von Nelson Mandela für die Rolle gelobt, die kubanische Truppen beim Kampf gegen die Apartheid in Südafrika gespielt haben. Kubanische ÄrztInnen in Venezuela und in der ganzen Welt tragen dazu bei, die Lebensstandards in den ärmsten Ländern zu heben.

Doch Kubas Außenpolitik war nie revolutionär im marxistischen Sinne des Wortes. Im letzten Jahrzehnt wurden viele lateinamerikanische Länder durch Krisen erschüttert, doch die kubanische Regierung versuchte nie, diese Krisen auf die Abschaffung des Kapitalismus hin zu lenken. In Argentinien, Bolivien, Venezuela oder Honduras haben Kubas VertreterInnen die eine oder andere populistische, bürgerliche Figur unterstützt, statt den Weg zur ArbeiterInnen- und Bauern/Bäuerinnenmacht aufzuzeigen. Manchmal war die kubanische Führung sogar bereit, komplett reaktionäre Regierungen zu unterstützen, so z.B. die Militärdiktatur in Argentinien, die im Jahr 1976 an die Macht kam. Sie bekam Unterstützung, obwohl sie die Avantgarde der ArbeiterInnen und Jugend massakrierte, mit 30.000 Verschwundenen, weil sie eine einigermaßen freundliche Außenhandelspolitik gegenüber der Sowjetunion hatte!

Am deutlichsten wurde dies in Nicaragua. Nach einem Guerillakampf und Massenaufständen, die ein proimperialistisches Regime stürzten und die Frage der Abschaffung des Kapitalismus stellten, forderte Castro die NicaraguanerInnen dazu auf, nicht dem “kubanischen Weg” zu folgen, d. h. die Bourgeoisie nicht zu enteignen. Er nutzte die moralische Autorität der kubanischen Revolution, nicht um den Kapitalismus in Zentralamerika zu zerschlagen, sondern um ihn zu retten, weil das den außenpolitischen Interessen der Sowjetunion zu dem Zeitpunkt entsprach[44]. Auf ähnliche Art und Weise verteidigte Castro die sowjetische Invasion, um den Prager Frühling im Jahr 1968 zu zerquetschen, sowie die Unterdrückung von Solidarność in Polen im Jahr 1981, genauso wie er sich gegen jede Rebellion gegen den Stalinismus stellte, weil er um die mögliche Instabilität seines Systems fürchtete.

Diese Außenpolitik hat zwei Grundlagen: einmal die strategische Konzeption der kubanischen Bürokratie und des gesamten ehemaligen “sozialistischen Blocks”, die das Ziel der proletarischen Revolution der Aufrechterhaltung ihrer bürokratischen Systeme unterordnet. Dies wurde von Trotzki in Bezug auf die Sowjetunion in den 1930er Jahren beschrieben[45]. Die andere Grundlage ist eine entstellte Variante des Marxismus, die von der kubanischen Führung gefördert wurde, die auf einen Guerillakampf unter den Bauern/Bäuerinnen setzte. Diese Strategie erwies sich als komplett hoffnungslos, als sie Ende der 1960er von Che Guevara in Bolivien ausprobiert wurde – doch im Jahr 1970 organisierte die bolivianische ArbeiterInnenklasse einen städtischen Aufstand, der deutlich machte, dass nur sie die Macht hatte, um die Ketten des Imperialismus zu brechen. Ähnlich stellte die kubanische Führung ihren Einfluss hinter die Volksfrontregierung von Salvador Allende in Chile: Eine berühmte Anekdote handelt davon, dass Castro Allende eine vergoldete AK47 schenkte, doch er gab der chilenischen ArbeiterInnenklasse keine Ratschläge bezüglich der Notwendigkeit, sich gegen die drohende Konterrevolution zu bewaffnen.

Fußnoten:

44. Castro machte unzählige Aussagen in diesem Sinne.
Z.B.: Die Situation in Nicaragua “requires a national reconstruction program with the participation of all sectors of Nicaraguan society.” Rede zum 26. Jahrestag des Angriffs auf die Moncada-Kaserne. 26. Juli 1979.
Oder: “According to Castro, the plan followed by the Nicaraguans is ‘perfect’: Without giving up being revolutionaries, they postpone the construction of socialism until it becomes possible and limit themselves for the time being to structural reforms, the most important of which is agrarian reform.” EFE: Castro discusses Central America, Disarmament. 18. Februar 1985.
45. Leo Trotzki: Die verratene Revolution. Kapitel 8, Teil 1: “Von der Weltrevolution zum Status Quo.”



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