Wir werden immer mehr überwacht – doch helfen PiratInnen dagegen?
Sie wollen die immer stärkere staatliche Überwachung bekämpfen, das Urheberrecht komplett umkrempeln und sich für eine demokratischere Gesellschaft einsetzen: Die PiratInnen haben sich also hehre Ziele gesetzt und befinden sich damit aktuell auch auf Erfolgskurs. Aber werden sie ihr Programm auch durchsetzen können?
Die Piratenpartei ist mittlerweile ein internationales Phänomen. Der erste Ableger entstand 2006 in Schweden, bereits im selben Jahr wurde auch die deutsche Piratenpartei gegründet. Heute gibt es 10 eingetragene Parteien in Europa und Vorläuferorganisationen auf der ganzen Welt (Z.B. in Peru, Russland und Südafrika). In Schweden ist die „Piratpartiet“ mit 43 000 Mitgliedern sogar zur drittgrößten Partei des Landes avanciert.
Wegen der bevorstehenden Bundestagswahl werfen wir einen genaueren Blick auf die deutschen PiratInnen. (Zumal vieles, was für diese gilt auch auf andere Ableger zutreffen dürfte.)
Auch hier hat die Partei rasanten Aufstieg hinter sich: Insbesondere die Einführung der Internet-Zensurmaßnahmen durch die große Koalition aber auch die Debatte um „Killerspiele“ ließen die Basis der Partei von knapp 1.000 auf rund 9.000 Mitglieder anwachsen. Zur Bundestagswahl wird sie diesmal gleich in 15 Bundesländern antreten können. Beim sozialen Netzwerk StudiVZ haben sich im Rahmen des Online-Wahlkampfs mittlerweile knapp 70.000 NutzerInnen für die Piratenpartei ausgesprochen. Damit ist sie mit riesigem Abstand vor SPD, CDU & Co die beliebteste Partei innerhalb der Online-Community.
Unverständlich ist das nicht. Immerhin haben junge Menschen heute allen Grund, den etablierten Parteien zu misstrauen und sich nach einer Alternative umzuschauen. Die sehr speziellen Forderungen der PiratInnen bieten dafür einen gewissen Ansatzpunkt: Sie bemängeln völlig zu Recht, dass das Potenzial neuer Technologien aus Profitgründen nicht genutzt wird. Gleichzeitig missbraucht der Staat die neuen Möglichkeiten für immer mehr Überwachung – dabei sehen viele im Internet eher die Chance, mehr demokratische Mitbestimmung zu ermöglichen.
Diese grundsätzlichen Widersprüche lassen sich jedoch innerhalb des Kapitalismus nicht beseitigen. Der allumfassende Zwang zur Profitmaximierung schließt einen umfassenden kostenlosen Zugang zu Wissen aus. Stattdessen soll dieses Wissen immer gewinnbringend verwertet werden. Dass der Staat seinen Überwachungsapparat immer weiter aufrüstet, ist auch kein Zufall – schließlich muss er gerade in Zeiten zunehmender Unzufriedenheit und sozialer Spannungen seine (potenziellen) politischen GegnerInnen in Schach halten.
Statt jedoch den Kapitalismus als Grundproblem anzugreifen, hofft die Piratenpartei, auf parlamentarischem Weg echte Veränderungen durchsetzen zu können. Dadurch stellt sie letztlich auch keine echte Alternative gegenüber den großen Parteien dar.
Trotz interessanter Ansätze, wie Basisdemokratie und transparenter Kommunikation, wird sie sich stattdessen eher in das vorhandene Spektrum der bürgerlichen Parteien einfügen. In Thüringen kooperieren die PiratInnen im Vorfeld der Landtagswahlen bereits jetzt mit den Grünen. In einem gemeinsamen Statement fordern sie u.a. „Mehr Streifenpolizei statt Überwachungskameras“ – als ob Bespitzelung durch die Polizei keine Überwachung wäre.
Bisher beharrt die Piratenpartei gerne darauf, „weder rechts noch links“ zu sein. Aber gerade wenn sie es in den Bundestag schafft, wird sie früher oder später auch zu anderen Themen Stellung beziehen müssen. Und dann wird es für so mancheN Piraten/Piratin angesichts der wirtschaftsliberalen Vorstellungen der Parteiführung vielleicht ein böses Erwachen geben.
Statt der „freien Märkte“, die bereits jetzt auf der Piraten-Agenda stehen, bräuchte es eine freie sozialistische Gesellschaft, in der für die Bedürfnisse der Menschen und nicht für Profite gewirtschaftet wird. Dann können Kunst, Kultur und Wissen bedingungslos allen Menschen zur Verfügung gestellt werden.
Eine sozialistische Antwort auf Copyrights…
Als MarxistInnen treten wir auch für den freien Zugang zu Wissen und Kunst ein. Denn Copyrights, Patentrechte usw. führen nicht nur zur Verfolgung von DownloaderInnen – gerade in ärmeren Ländern bedeuten sie, dass Menschen keinen Zugang zu notwendigen (und vorhandenen, jedoch nicht bezahlbaren) Medikamenten bekommen.
Bisher ist das Konzept des „geistigen Eigentums“ aber vor allem eine riesige Geldquelle für Medien- und Pharmakonzerne, auf die diese Unternehmen niemals freiwillig verzichten werden. Im Interesse der KünstlerInnen und KonsumentInnen (und letztlich der ganzen Gesellschaft) sollten sie enteignet werden. Dann können Bücher, Filme, Musik ebenso wie wissenschaftliche Texte, Medikamente usw. allen gleichermaßen zu Gute kommen.
Gerade beim Thema Copyright stellt sich außerdem die Frage, wie KünstlerInnen entlohnt werden sollen. Heutzutage bleibt ihnen meist nichts anderes übrig, als sich an Medienunternehmen zu verkaufen oder ihre Kunst nur als Hobby zu betreiben. In einer sozialistischen Gesellschaft kann die notwendige Arbeit dagegen so verteilt werden, dass jedeR einzelne wesentlich mehr Freizeit hat als heute. Gleichzeitig kann künstlerisches Schaffen als ebenfalls wichtige Tätigkeit von der gesamten Gesellschaft unterstützt und gefördert werden.
von Tom, Revo Berlin (und Informatikstudent)