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Von Olivgrün zu Rot

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| Kategorien: Cuba, Statements
2010-11-02


Als die Guerilla an die Macht kam, basierte ihr Programm auf der utopischen Vision eines unabhängigen kubanischen Kapitalismus, mit einer Landreform, um armen Bauern/Bäuerinnen Land zu geben und den Einfluss der USA in der Landwirtschaft zu senken. Castro hat bekanntlich gesagt, dass die Revolution “nicht rot, sondern olivgrün” sei, und als er die USA im April 1959 besuchte, ging er noch weiter: “Ich habe klar und deutlich gesagt, dass wir keine Kommunisten sind. Die Türen sind offen für private Investitionen, die der Entwicklung der Industrie auf Kuba dienen. Es ist absolut unmöglich für uns, Fortschritte zu machen, wenn wir uns nicht mit den USA verständigen.”[7]

Das Castro-Regime hatte keine andere Wahl als eine Landreform durchzusetzen – sonst hätte es seine Unterstützung unter den Bauern/Bäuerinnen verloren. Die Reform, die im Mai 1959 verabschiedet wurde, war gemäßigt in dem Sinne, dass sie großzügige Entschädigungen für ehemalige LandbesitzerInnen anbot. Doch der US-Imperialismus konnte keine Schritte in Richtung größerer Unabhängigkeit seitens seiner de facto-Kolonie in der Karibik hinnehmen, und forderte die sofortige Auszahlung der Entschädigungen – was natürlich für den verarmten kubanischen Staat unmöglich war.

Die neue kubanische Führung versuchte, zwischen den imperialistischen und einheimischen KapitalistInnen auf der einen Seite und den ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen auf der anderen Seite zu balancieren. Zum Beispiel ging die M-26-J während des Jahres 1959 gegen die kubanische stalinistische Partei, die Sozialistische Volkspartei (PSP), vor und denunzierte sie als “antirevolutionär”, weil sie Streiks für höhere Löhne organisierte[8]. Indem sie die verschiedenen Klassen gegeneinander ausspielte, konnten die zentrale Führung und vor allem Castro als “líder máximo” immer mehr Macht in ihren eigenen Händen konzentrieren.

Am Ende war dieser Balanceakt unmöglich, da der US-Imperialismus nicht weniger als die vollständige Unterwerfung forderte. Im Kontext des Kalten Krieges war das Castro-Regime gezwungen, Handelsverträge mit der Sowjetunion für die Lieferung von Öl abzuschließen – und US-Raffinieren auf Kuba verweigerten die Verarbeitung. Die kubanische Regierung verstaatlichte die Raffinieren, was die Blockade von venezolanischem Öl nach sich zog und Kuba zwang, all sein Öl aus der UdSSR zu importieren. Die Weigerung der USA, die wichtige Zuckerernte zu kaufen, führte zu weiteren Handelsabkommen mit der UdSSR und China.

Ab Sommer 1960 wurden große Teile der kubanischen Wirtschaft verstaatlicht. Bis Ende 1960 war 80% der Industrie in den Händen des Staates[9]. Nur die Unnachgiebigkeit des US-Imperialismus – mit der von den USA unterstützten Invasion im April 1961 als Höhepunkt –, zusammen mit der Tatsache, dass die arbeitenden Massen Kubas mobilisiert und teilweise bewaffnet waren, trieb die Castro-Führung in die Arme der Sowjetbürokratie. Als die Regierung nach und nach US-amerikanisches und kubanisches Kapital enteignete, flohen die kubanische Bourgeoisie und ihre AgentInnen massenhaft nach Miami.

Die M-26-J wurde mit der bestehenden stalinistischen Partei auf Kuba, der PSP, fusioniert. Die fusionierte Organisation wurde nach und nach in eine stalinistische Partei nach dem Vorbild der Kommunistischen Partei der Sowjetunion umgebildet. Diese Partei hatte den Kapitalismus ohne eine aktive, bewusste, führende Rolle der ArbeiterInnenklasse abgeschafft. Die Enteignungen wurden per Dekret durchgeführt, nachdem das Proletariat in den stalinistischen Massenorganisationen bürokratisch atomisiert und jegliche Opposition unterdrückt worden war. Die Abschaffung des Kapitalismus ohne ArbeiterInnenrevolution war nur möglich aufgrund der Existenz von stalinistischen Staaten in großen Teilen der Welt[10].

Fußnoten

7. Zit. nach: Martin Hernández: “Cuba … no es una isla.” In: Liga Internacional de Trabajadores: Marxismo Vivo. #22. S. 109.
8. Workers Power: Degenerate Revolution. S. 84.
9. Ebd. S. 85.
10. Für uns bezieht sich der Begriff “Stalinismus” nicht nur auf die Politik der Sowjetunion unter Stalin. Stalinismus beschreibt eine Gesellschaft, in der das Privateigentum an den Produktionsmitteln abgeschafft worden ist, in der jedoch eine privilegierte Bürokratie ein Monopol an politischer und wirtschaftlicher Macht innehat. In diesem Sinne war die “Entstalinisierung”, die Nikita Khrushchev im Jahr 1956 verkündete, nur eine Serie von oberflächlichen Änderungen, um die Macht der Bürokratie zu sichern, ohne das stalinistische System grundsätzlich zu ändern. Demzufolge kann eine Gesellschaft stalinistisch sein, unabhängig davon, wie ihre herrschende Bürokratie die Person Stalins sieht.
(Nebenbei hat Fidel Castro neben einigen Kritikpunkten viel Positives über Stalin zu sagen: “Er machte große Fehler aber zeigte auch große Weisheit. (…) Er etablierte Einheit in der Sowjetunion. Er konsolidierte das, was Lenin begonnen hatte: die Parteieinheit. Er gab der internationalen revolutionären Bewegung einen neuen Anstoß” Aus: Tomas Borge: “El Nuevo Diario Interview with Fidel Castro: Blaming Stalin for everything would be historical simplism.”)



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