SchülerInnenproteste in Tschechien
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Informationsmangel und schlechte Vorbereitung an den Schulen zwangen die SchülerInnen zum Protest
Am Freitag, den 19. Juni gingen SchülerInnen in Prag auf die Straße, um ihre Meinung über die geplanten zentralen Abschlussprüfungen (ähnlich dem deutschen Zentralabitur) auszudrücken. Die Demonstration wurde über Facebook organisiert und koordiniert.
Die Demonstration begann um 12 Uhr auf dem Palacky-Platz. Schon 20 Minuten vor dem offiziellen Beginn war der Platz voller SchülerInnen, die mit Transpis, Pfeifen oder Rasseln ausgerüstet waren. Diejenigen, die das Glück hatten, nahe der Statue auf dem Platz zu stehen, konnten die Redebeiträge der OrganisatorInnen hören. Die Megaphone waren sehr leise, weshalb andere spontan anfingen, Parolen gegen die Zentralprüfungen zu rufen.
Fast 10.000 SchülerInnen demonstrierten nach den Reden entlang der Route, die über die Brücke über den Vltava-Fluss zur Kampa-Insel ging. Dort traf sich eine Delegation von SchülerInnen mit der Bildungsministerin Kopicová, während die restlichen DemonstrantInnen im Park warten mussten. Danach ging die Demo weiter ins Zentrum von Prag bis zum Wenceslas-Platz. Viele SchülerInnen verließen die Demo allerdings zwischenzeitlich. Der Rest der SchülerInnen beendete die Demo auf dem Platz mit spontanen Sprechchören.
Die technokratische tschechische Regierung hat ihre Meinung bisher allerdings nicht geändert, so dass es so aussieht, als wenn die Zentralprüfungen schon nächstes Jahr eingeführt werden. Am 16. Juli waren weitere Proteste geplant, aber die Ferien hatten schon begonnen und viele SchülerInnen waren schon im Urlaub. Einige lehnten auch die Politisierung der Proteste ab, so dass die Demo am 16. Juli sehr klein war. Die OrganisatorInnen der Demo war die Gruppe Green Revolution, eine Jugendorganisation der Demokratischen Grünen Partei, die sich im März 2009 von der Grünen Partei abgespalten hat.
Die unabhängige Jugendorganisation REVOLUTION (auf der Demo wurden wir Red Revolution genannt, um uns von der Gruppe Green Revolution zu unterscheiden), verteilte eigene Flugblätter auf der Demo. Wir waren die einzige unabhängige linke Gruppe auf der Demo und wir konnten alle 2500 Flugblätter verteilen.
Wir sind keine Laborratten!
Die unabhängige Jugendorganisation REVOLUTION unterstützt die Verschiebung der Zentralprüfungen!Auf der Sekundarschule herrscht Nervosität bei SchülerInnen und LehrerInnen. Diejenigen von uns, die gerade die Schule abgeschlossen haben, können sehr glücklich sein. Alle anderen müssen sich auf etwas Unbekanntes vorbereiten. Die Idee eines vergleichbaren Abschlusses ist nicht schlecht, aber das Experiment Zentralprüfung droht im Desaster zu enden. Es gibt eine weitverbreitete Unwissenheit über und bisher wenig Vorbereitung auf die neuen Prüfungen bei SchülerInnen, LehrerInnen und der Öffentlichkeit. Die Sorge über die Ordnungsmäßigkeit der Prüfungen wächst, denn nicht alle Schulen sind ausreichend mit Lernmitteln ausgestattet. Revo fordert die Regierung daher auf, die Zentralprüfungen zu verschieben!
Normalerweise gibt es in Tschechien wenig Massenbeteiligung an Protesten. Aber für unsere Interessen zu kämpfen ist ein fundamentales Recht für jeden von uns. Unerwartet hohe Beteiligung bei einer Demonstration gegen die Zentralprüfungen gab es schon vor 2 Jahren, und der Staat musste die Prüfungen verschieben. Der Kampf heute ist schwieriger, aber wir können gewinnen. Vor zwei Tagen haben die tschechischen MinisterInnen entschieden, die Prüfungen nicht zu verschieben. Am gleichen Tag, dem 17. Juni, waren in Deutschland fast 250.000 SchülerInnen und Studierende auf der Straße! Sie protestierten gegen die ständige Verschlechterung der Bedingungen im deutschen Bildungssystem. Außerdem organisierten sie zusätzlich zur Demo besondere Aktionen in den Schulen selbst. Das ist der Weg, den auch wir gehen sollten.
Die Zurücknahme oder die Verschiebung der Zentralprüfungen darf nicht das Ende unseres Kampfes für bessere Bildung sein. Der Staat gibt Milliarden für neue Waffen für die Armee aus oder zahlt für unsinnige Dinge wie die Vorbereitung der Olympischen Spiele in Prag. Geld für Schulen und LehrerInnengehälter fehlt immer noch. Wegen der niedrigen Löhne verlassen die besten LehrerInnen unser Bildungssystem. Unterricht in überfüllten Klassenzimmern ist meistens schlecht, langweilig und nur aufs Auswendiglernen fokussiert. Wir fordern, dass Bildung eine wirkliche Priorität wird und mit genügend Mitteln ausgestattet wird! Außer der Qualität der Bildung steht in der Zukunft auch noch etwas anderes auf dem Spiel – die Zugangsmöglichkeit zu Bildung. Die rechten Parteien wollen die Einführung von Studiengebühren an Universitäten. Dadurch würden Menschen aus weniger reichen Familien vom Studium ferngehalten. Revo ist immer und überall gegen Schul- und Studiengebühren und gegen politische Parteien, die so etwas einführen wollen.
Revo ist Teil der internationalen linken Organisation Revolution, an der junge Menschen aus ganz Europa beteiligt sind. Wir beteiligen uns in der Anti-Kriegs-Bewegung und machen Kampagnen gegen Faschismus und Rassismus. Wir sind außerdem aktive Mitglieder der Initiative NO BASES, die sich gegen US-Militärbasen in Brdy Hills engagiert. Wenn du Interesse an Kampagnen gegen Faschismus, Rassimus, Krieg und Ausbeutung hast, kontaktiere uns!
- Interview mit einem Aktivisten von Revo Tschechien (junge Welt/Indymedia)