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2008-11-17


100.000 SchülerInnen in ganz Deutschland sind am Mittwoch, den 12. November, in den Streik getreten. In mehr als 40 Städten gab es statt Unterricht Kundgebungen und Demonstrationen. An vielen Orten solidarisierten sich Studierende und LehrerInnen. Der Ausstand richtete gegen überfüllte Klassen, LehrerInnenmangel und das “Turboabitur”, also die Verkürzung der Abiturzeit von neun auf acht Jahre. Der Streik richtete sich aber auch gegen das dreigliedrige Schulsystem, das dazu führt, dass in Deutschland das Bildungsniveau stärker vom sozialen Status abhängt als in jedem anderen entwickelten Land.

Berichte mit TeilnehmerInnenzahlen treffen noch ein, aber in einem vorläufigen Überblick heißt es: In Braunschweig gingen 10.000 SchülerInnen auf die Straße, in Hannover 8.500, in Berlin 8.000, in Stuttgart 8.000, in Bremen 7.000, in Hamburg 6.000, in Rostock 5.000, in Kiel 4.500, in Oldenburg 4.000, in Lüneburg 5.000, in Lübeck 2.000, in Bremerhaven 4.000, in Kassel 3.000, in Frankfurt am Main 3.000, in Göttingen 2.500, in Köln 2.000, in München 2.000, in Nürnberg 2.000 – und tausende mehr in 20 weiteren Städten. In Potsdam haben 150 Schüler eine Spontandemo durch die Innenstadt gemacht, um dann gemeinsam einen Zug zu besetzen und nach Berlin zu fahren. In Dresden gab es einen SchülerInnenblock auf einer Studierendendemo gegen das sächsische Hochschulgesetz, an der sich rund 6.000 beteiligt haben.

Die Erwartungen der VeranstalterInnen wurden weit übertroffen. Aimo Belling vom Kieler Schulstreikkomitee kommentierte: “Das letzte Mal, daß 5000 Leute an einem Wochentag im November in Kiel demonstriert haben, war vermutlich 1918.” Weil eintägige Streiks nicht ausreichen, um den Bildungsabbau der letzten Jahre zu stoppen, kam es im Laufe des Tages immer wieder zu radikaleren Protestformen. In Hannover haben SchülerInnen am Mittwoch den Landtag blockiert, und dabei wurden sie von der Polizei brutal angegriffen. In Berlin wurde die Humboldt-Universität gestürmt, Hunderte Jugendliche drangen in den Festsaal und schwenkten rote Fahnen vom Balkon. In Erfurt kam es kurzzeitig zur Besetzung des Schulamts. In Oldenburg wurde am Morgen eine Schule besetzt und alternativer Unterricht angeboten.

40.000 SchülerInnen waren bereits im Mai und Juni im ganzen Land auf der Straße. Die Bundesregierung versprach daraufhin Verbesserungen. Doch der Bildungsgipfel am 22. Oktober – ohne die Beteiligung von SchülerInnen – brachte so gut wie keine konkreten Ergebnisse. Nach dem Sommer gab es eine Kampagne für einen koordinierten, bundesweiten Streik – im Rahmen dessen gab es einen Kongress mit 200 SchülerInnen Mitte Oktober.

Die unabhängige Jugendorganisation REVOLUTION organisierte die Streiks und Demos in Berlin, Kiel, Dresden und Potsdam mit. Wir haben uns besonders darauf konzentiert, Solidarität zwischen den Schulstreiks und ArbeiterInnenkämpfen aufzubauen, vor allem mit den Streiks im öffentlichen Dienst in Berlin, an denen auch LehrerInnen beteiligt waren. Wie wir in unserem Redebeitrag in mehreren Städten betonten: “Geht gemeinsam mit ArbeiterInnen auf die Straße! … Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen – gute, freie Bildung für alle – müssen wir gemeinsam kämpfen. Wenn wir selbst die Kontrolle über Schulen und Betriebe erkämpfen, sind wir nicht mehr von der Gnade der Bosse und ihren gekauften Politikern abhängig.”

Die Bildungsproteste werden weitergehen. Um eine Strategie für diese Proteste auszuarbeiten, müssen wir “nach Süden schauen”, also nach Frankreich, Italien und Griechenland, wo in den letzten Monaten und Jahren SchülerInnen, Studierende und ArbeiterInnen gemeinsam gegen Bildungs- und Sozialabbau gestreikt haben und sich damit immer wieder durchsetzen konnten. Auf den Schulstreiks letzte Woche war die Forderung nach einem gemeinsamen Streik von SchülerInnen und ArbeiterInnen gegen die Bildungsmisere sehr populär. Der Schulterschluss mit der ArbeiterInnenbewegung muss ein strategisches Ziel der Bildungsproteste sein.

von Wladek, Revo Berlin



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