Stoppt die staatliche Repression gegen die baskische Jugend!
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Zweiundvierzig baskische Jugendliche stehen im Februar oder März in Madrid vor Gericht. Sie sind AktivistInnen der verbotenen Jugendorganisation SEGI oder der früher verbotenen Jugendorganisationen JARRAI und HAIKA, und ihnen wird vorgeworfen, Terroristen zu sein. Ihnen drohen insgesamt 654 Jahre Haft.
Der Staatsanwalt fordert 10 Jahre für zehn Angeklagte und 14 Jahre für einunddreißig. Für Asier Tapia fordert er eine Strafe von 111 Jahren und 10 Monaten! Dieser junge Mann aus Donostia (San Sebastian) organisierte nach der ersten Verhaftungswelle eine Pressekonferenz, in dem er ein Kommuniqué vorlas, das die Operation verurteilte und zu Mobilisierungen gegen den Prozess aufrief. Der Staatsanwalt wirft ihm vor, zu “Gewalttaten” aufgerufen zu haben, und will ihn für alle darauf folgenden Ausschreitungen verantwortlich machen – insgesamt 22 Fälle von kale borroka (jugendlichen Straßenprotesten, die im Baskenland öfter stattfinden).
Warum findet der Prozess jetzt statt? Ein Grund ist, dass fünfzehn Angeklagte, die im Zuge der Repression gegen die frühere Jugendorganisation JARRAI festgenommen wurden, seit 2001 im Gefängnis sitzen. Die spanische Gesetzgebung verbietet Inhaftierungen ohne Prozess, die länger als vier Jahre dauern. Diese Frist läuft Mitte März ab.
Hintergrund
Dieser ist der neuste juristische Angriff auf die ezkerra abertzale (baskische nationalistische Linke). In den letzten fünf Jahren hat der spanischen Staat politische Parteien, Tageszeitungen, Radiosender, Kulturvereine, Sprachschulen und Vieles mehr verboten; hunderte sind eingeknastet, tausende ins Exil gezwungen, Millionen Euro sind beschlagnahmt worden. Ihr einziges Verbrechen war es, das Selbstbestimmungsrecht für das Baskenland zu fordern, und zu fordern, dass die Basken per Referendum über ihre Zukunft entscheiden können. Deshalb wird ihnen vorgeworfen, die bewaffnete Gruppe ETA zu unterstützen oder Teil davon zu sein, und sie werden wie Terroristen behandelt.
Baskische Gefangene sind in den spanischen Gefängnissen der Folter ausgesetzt. Das Gesetz ermöglicht es, Gefangene, die des Terrorismus verdächtigt werden, bis zu fünf Tage in “incommunicado”-Haft zu halten, also ohne Kontakt zur Außenwelt, nicht mal zu einem Anwalt. In dieser Situation findet Folter – Prügeln, Elektroschocks, Erstickung mit Plastiktüten, Androhung von Vergewaltigung und andere Formen psychischer Folter – regelmäßig statt. Die vielen Berichte über Folterungen, einschließlich der Fälle von Gefangenen, die Selbstmordversuche machten, haben selbst die Vereinten Nationen dazu bewegt, anzuerkennen, dass die spanische Regierung die Bedingungen der Konvention gegen die Folter verletzt.
Im Moment sitzen über 700 baskische politische Gefangen in spanischen Gefängnissen. Durch die Politik der “Zerstreuung” werden sie weit entfernt von ihrer Region inhaftiert – manchmal auf den kanarischen Inseln! – damit ihre Verwandten tausende Kilometer reisen müssen, um sie zu besuchen. Das Niveau der Repression hat sich seit der Abwahl des Post-Faschisten Anzar und dem Antritt der “sozialistischen” Regierung von Zapatero nicht verändert. Seine Regierung hat im Schnellverfahren links-nationalistische Wahllisten bei den Europawahlen im Juni 2004 verboten, und setzt die Verfolgung linker BaskInnen fort.
Warum?
Die spanische Justiz, vor allem der autoritäre Richter Baltasar Garzón, rechtfertigt die Repression gegen die baskischen Jugendorganisationen mit verschiedenen Argumenten: entweder dass SEGI und andere Bestandteil der ETA seien, mit gemeinsamen Finanzen und Organisationsstrukturen (für diesen Vorwurf existiert im übrigen nicht der geringste Beweis); oder dass sie mindestens eine Vorfeldorganisation der ETA darstellten, durch die Jugendliche für den bewaffneten Kampf rekrutiert würden.
Auch wenn es stimmt, dass einige gefangene Mitglieder der ETA früher in JARRAI aktiv waren, kann dies unmöglich eine Begründung sein, um eine Organisationen von tausenden Menschen zu kriminalisieren. Dieses Argument, würde es konsequent ausgeführt werden, müsste dazu führen, dass die spanische Armee und Bundespolizei Guardia Civil verboten würden, denn es ist nachgewiesen worden, dass ihre Mitglieder in den 80er Jahren in der rechtsextremen Terrorgruppe GAL aktiv waren. Aber kein einziger Staatsbeamter ist für die furchtbaren Verbrechen, für die tausenden Hinrichtungen unter der faschistischen Diktatur Francos oder dem halbherzigen Übergang zur “Demokratie” bestraft worden. Wie üblich wird er Vorwurf des “Terrorismus” nicht gegen die Staatsorgane verwandt.
In Wirklichkeit ist SEGI eine Massenorganisation im Baskenland mit zehntausenden AktivistInnen, die offen agiert trotz des staatlichen Verbotes. Ihre Ziele sind Unabhängigkeit und Sozialismus, und sie kämpfen für die Rechte von Jugendlichen, gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse, unter denen bis zur Hälfte der Jugend im spanischen Staat zu leiden hat, gegen Drogenabhängigkeit, für die Verteidigung der Frauenrechte und besetzte Häuser, für die baskische Sprache und Kultur usw. Die Repression kommt daher, dass sie eine Massenkraft von Jugendlichen darstellen, die sich der neoliberalen Agenda der verschiedenen spanischen Regierungen widersetzen. Deshalb werden sie “Terroristen” genannt, ein fast nichts sagender Begriff, der im “globalen Krieg gegen den Terrorismus” von George Bush dazu benutzt wird, überall auf der Welt die KämpferInnen gegen den Neoliberalismus zu kriminalisieren.
Aktion!
Wir fordern die sofortige Freilassung der zweiundvierzig jungen AktivistInnen von SEGI sowie aller baskischer politischer Gefangenen! Wir fordern ein Ende der Repression im Baskenland! Wir unterstützen das Recht auf Selbstbestimmung, ein Recht, das in Spanien systematisch verweigert wird: die BaskInnen müssen per Referendum entscheiden dürfen, ob sie Teil Spaniens sein wollen oder nicht.
Wir rufen alle Jugendorganisationen dazu auf, egal, ob mit SEGIs Programm einverstanden sind oder nicht, diese Erklärung zu unterstützen und die grundlegenden Rechte von jungen AktivistInnen im Baskenland zu verteidigen: das Recht, sich zu organisieren und für seine Rechte zu kämpfen. Die Repression des spanischen Staates kann jeden treffen. So wurde zum Beispiel der Hausbesetzer Juan Ramón Rodríquez Fernández (Juanra) von Holland ausgeliefert und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er angeblich Kontakt zur ETA hatte.
Eine der Angeklagten, Ibon Meñika, sagte: “Wir sind nicht die einzigen, denen der Prozess gemacht wird. Sie versuchen, die Ziele einer ganzen Jugendorganisation anzuverklagen.”
Es ist notwenig, international Proteste zu organisieren, ähnlich dem Aktionstag im Baskenland am 14. Januar, wo SchülerInnen gestreikt haben und eine Demonstration mit 1.000 TeilnehmerInnen in Bilbao stattfand. Proteste vor spanischen Botschaften weltweit müssen organisiert werden, um die äußerst repressive Natur dieses Prozesses klar zu machen.
Gleichzeitig rufen wir die izquierda abertzale dazu auf, anzuerkennen, dass es keine Lösung des Konflikts im Baskenland im Rahmen des Kapitalismus geben kann. Der spanische Staat wird die Industrie des Baskenlandes nie aufgeben, und die baskischen Bankiers und Unternehmer sind nur zu froh, mit ihm zusammenzuarbeiten, damit sie Schutz gegen ihre eigenen ArbeiterInnen bekommen. Die einzige Lösung ist ein gemeinsamer Kampf aller ArbeiterInnen, Jugendliche und Unterdrückte aller Nationalitäten im spanischen Staat, ja in allen Ländern, gegen den globalen Kapitalismus. Ein wirklich freies Baskenland kann nur als sozialistische Republik, als Teil der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, zustande kommen.
Um diesen Kampf zu führen, ist keine nationale, sondern eine internationale Organisation notwendig. Vorwärts zu einer revolutionären Jugend-Internationale!
WORLD REVOLUTION Internationales Koordinationskomitee
2005-01-20