Archiv für die Kategorie 'France'
Bilanz vom Kongress der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) in Frankreich
Der Kongress der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) in Frankreich, der letztes Wochenende im Pariser Vorort Montreuil abgehalten wurde, endete in einem tosenden Desaster. Keiner der aufgestellten Wahlplattformen konnte eine Mehrheit erlangen. Die ausscheidende Mehrheit – der die öffentliche Figur Olivier Besancenot und historisch bekannte Führer wie Alain Krivine angehören – erlangte gerade einmal 41,8% der Stimmen auf ihren Text zur Zielsetzung der Partei. Es war aufgrund der großen Unstimmigkeiten zwischen den Plattformen noch nicht einmal möglich, dazu eine gemeinsame Erklärung des Kongresses zu verabschieden: Die Plattform 3 (PF3) oder auch „Einheitsplattform“, die ein Verfechter von Übereinkommen um jeden Preis mit den Reformisten ist, also der Partie de Gauche (PG, französische Linkspartei) von Jean-Luc Melénchon, ex-Minister der sozialdemokratischen Regierung von Lionel Jospin und der Kommunistischen Partei Frankreichs; die Plattform 2 (PF2), von der bürgerlichen Presse als „identitaire“ (zu Deutsch in etwa „identitätssuchend“) benannt, die eine Kandidatur Olivier Besancenots für die Präsidentschaftswahlen 2012 anstrebt und eine Rückkehr der NPA „zu ihren Wurzeln“ sowie eine Orientierung auf die Arbeitsplätze anstrebt; die Plattform 1 (PF1), die auf Wahlebene zwischen der PF3 und PF2 schwankt und sich selbst als „antikapitalistisch“ und „einheitswillig“ bezeichnet. Aus dieser Unklarheit resultierend, haben sieben Mitglieder der Parteiführung sich dazu entschlossen, sich der Partie de Gauche anzuschließen. Dies geschieht im Rahmen von einem Mitgliederschwund von etwa 9.000 Anhängern zu Zeiten des Gründungskongresses der NPA auf aktuell etwa 3.550 [1]. »»»»
Interview mit Vincent Duse und Daniela Cobet
Auf dem nationalen Kongress der NPA erhielt die Plattform 4, in der Genossen der FT-CI in Frankreich aktiv sind, 3,7% der Delegiertenstimmen. Von nun an ist sie mit 6 Delegierten in der Landesführung dieser Partei (CPN). Wir veröffentlichen hier Auszüge eines Interviews mit zwei von ihnen: Vincent Duse, Fabrikarbeiter und Gewerkschaftsaktivist der CGT bei Peugeot Mulhouse, und Daniela Cobet, Studentin und prekarisierte Arbeiterin, Mitglied der FT-CI. »»»»
Manuel Georget und Vincent Duse im Interview über die Plattform 4 für den Kongress der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA)
Manuel Georget und Vincent Duse sind zwei der wichtigsten Arbeitervertreter der Plattform 4. Georget ist Generalsekretär der Gewerkschaft CGT EGP Dreux und Delegierter [Vertrauensmann] in der Philips-Fernsehfabrik in Dreux. Die Fabrik ist vor Kurzem geschlossen worden, nach Jahren des Kampfs gegen Entlassungen und Standortverlagerung, die in einer kurzen Erfahrung der Produktion unter ArbeiterInnenkontrolle im letzten Januar gipfelten. Georget war fast 30 Jahre lang Mitglied der Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR), der Vorläuferorganisation der NPA. Er führte die KandidatInnenliste der NPA im Departement Eure-et-Loir bei den letzten Regionalwahlen an und ist ein Mitglied der Koordinierung des Kollektivs für eine Revolutionäre Tendenz (CTR). Duse ist Arbeiter in der Peugeot-Fabrik in Mulhouse, wo mehr als 10.000 ArbeiterInnen angestellt sind, und seit 10 Jahren Generalsekretär der CGT in der Fabrik. Er ist ein Mitglied des Nationalen Politischen Komitees der NPA und der Koordinierung des CTR. »»»»
Die Gewerkschaftsführungen Frankreichs haben die Rentenreform trotz des außerordentlichen Widerstands der ArbeiterInnen und der Jugend durchgehen lassen
Über fast zwei Monate hinweg haben die französischen ArbeiterInnen zusammen mit der kämpferischen SchülerInnen- und Studierendenbewegung eine imposante soziale Mobilisierung gegen das Projekt zur Rentenreform des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy angeführt. Acht mächtige Streikbewegungen, an denen Millionen DemonstrantInnen teilnahmen, unbefristete Streiks in strategischen Branchen, wie den Raffinerien und Häfen neben dem Streik der Bahnbeschäftigten, unzählige Blockaden von Unternehmen und öffentlichen Plätzen sowie Erdöllagern, angeführt von ArbeiterInnen und solidarischen AktivistInnen mit Unterstützung der SchülerInnen und einer kleinen universitären Avantgarde, erschütterten Frankreich. »»»»
Der gegenwärtige Kampf der französischen ArbeiterInnen und Jugendlichen stellt einen offensichtlichen Sprung im Vergleich zum vorherigen Zyklus des Klassenkampfs dar, der 1995 begann. Dies bedeutet ein höheres Niveau des Klassenkampfs, offener, radikalisierter und klassischer, d.h. mit einer zentraleren Rolle der ArbeiterInnenklasse, und mit Studierenden und ArbeiterInnen in den Fabriken als Hauptfiguren. Es ist ein neuer Zyklus des Klassenkampfs als Antwort auf die weltweite Krise mit Auswirkungen in Frankreich und international. Die wirtschaftliche Depression lässt der Bourgeoisie nur eine Möglichkeit offen: Der Angriff auf die sozialen Errungenschaften, die noch vom so genannten Wohlfahrtsstaat übrig bleiben, und die Verschlechterung der Lebensbedingungen der Massen, einschließlich einiger Gruppen, die zu ihrer Zeit von den Krumen der neoliberalen Offensive – wie einige Menschen aus den Mittelschichten – einen Nutzen zogen. »»»»
Tendenzen zur Radikalisierung bedroht durch die verräterischen Gewerkschaftsführungen
Nach den drei Protesttagen gegen die Rentenreform (7. und 23. September so wie am 2. Oktober), die nach dem Sommer stattfanden, wettete die Regierung auf einen Rückgang der Demonstrationen, besonders weil der Senat die Hauptartikel des neuen Gesetzes im Eilverfahren beschlossen hatte, so dass Sarkozy damit eine klare Botschaft an die Öffentlichkeit senden konnte: “Alles ist schon entschieden. Deshalb keine Notwendigkeit mehr zu demonstrieren, denn das Gesetz ist schon verabschiedet!” Nichtsdestotrotz war der Tag der Streiks und Demonstrationen am 12. Oktober in Frankreich ein historischer. »»»»
Über die Neue Antikapitalistische Partei in Frankreich
Anfang Februar diesen Jahres gründete sich in St. Dénis, einem Vorort von Paris, eine neue Partei, deren Anspruch es ist, die zersplitterte französische Linke zu vereinen und eine neue Epoche der französischen Klassenkämpfe einzuleiten: die „Nouveau Parti Anticapitaliste“, die Neue Antikapitalistische Partei. Doch noch ist nicht abzusehen, welche Rolle die NPA in Frankreich in Zukunft tatsächlich spielen wird, denn die politische Basis, auf welche sich die NPA stellt, ist ähnlich breit wie ihr Name suggeriert. »»»»